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Wann haben Sie zuletzt Brecht gelesen?
In der Schule? Das wäre schade.
Ottmar Hörl möchte Lust auf die Auseinandersetzung mit Brecht machen, und wie er das getan hat, ist im Park des Kurhauses Göggingen in Augsburg vom 30. Juni bis zum 29. September 2019 zu sehen.
Entspannt stehen seine Brecht-Skulpturen auf dem Rasen vor dem Kurtheater. Sie stecken die Hände in die Manteltaschen, haben den Kragen des Ledermantels leicht aufgestellt, den Mantelgürtel verknotet. Sie wirken in sich zurückgezogen, als wollten sie gleichmütig und ein wenig distanziert das Geschehen um sich herum beobachten. Sie wirken so gelassen, als wären sie an ihrem Ziel angekommen.
In dieser Installation sind sie das auch.
Brecht ist mit seinem Werk gelungen, was Viele sich erträumen, die Wenigsten aber mit Talent und aller Kraft in Taten umsetzen: Er hat provoziert. Herausgefordert. Verändert. Ist berühmt geworden. Ihm ist es gelungen, die Menschen abzuholen, sie zur Reflexion anzuregen, zum Weiterdenken zu ermutigen.
Der Weg, die Welt zu verändern, ist kein leichter (das weiß nicht nur Xavier Naidoo).
So begab sich der Dichter und Dramatiker Brecht immer wieder in mühevolle Auseinandersetzungen, in ein Ringen darum die Welt zu einem besseren, gerechteren Ort für alle zu machen. Am Ende dieses Kampfes steht freilich ein grandioses Werk.
Doch was wäre ein Werk, das nur einem Einzelnen zugänglich ist?
Erst mit der Reproduzierbarkeit, seiner Vervielfältigung erhält ein Werk als anerkanntes Werk seine Bühne.
Ottmar Hörl ist bekannt für sein Konzept der seriellen Skulptur, das genau diesen Gedanken der Vervielfältigung transportiert. Die Vielzahl der Brecht-Skulpturen verweist auf das Werk Brechts, das eben durch seine Verbreitung und Wahrnehmung erst zum gesellschaftlich anerkannten „Werk“ werden konnte.
„Wer immer es ist, den ihr sucht: ich bin es nicht“ schrieb Brecht in seinem Psalm „Was erwartet man noch von mir“.
Und so steht der Ausstellungsbesucher nicht Brecht als Person in einer denkmalhaften Skulptur gegenüber, sondern seinem Werk als Reproduktion, auf die durch die Menge von Brecht-Figuren verwiesen wird.
Und genau darum geht es: Es bleibt das Werk, wenn der Mensch gegangen ist. Doch es ist darauf angewiesen wahrgenommen zu werden.
Jetzt erhält das Werk Brechts zusätzlich Unterstützung durch einhundert Hörl’sche Brecht-Skulpturen.
Fotos: Eva Schickler